Das römische Legionslager auf dem Kästrich

Der Geburtsort der Stadt Mainz


 

Der Kästrich ist der Geburtsort der Stadt Mainz. Als dort ein Lager für zwei Legionen gebaut wurde, begann die römische Herrschaft in unserer Region. In der Folgezeit entwickelte sich der Ort zu einem bedeutenden militärischen Standort am Rhein und zur Hauptstadt einer römischen Provinz.  Damit waren in Mainz so viel Macht und Einfluss konzentriert wie kaum in einer anderen Stadt im europäischen Teil des Reichs.

Viele wissen es noch aus dem Lateinunterricht. Im Jahr 51 v. Chr. war der Gallische Krieg beendet und Gaius Julius Caesar drängte die in Gallien lebenden Germanen auf das östliche Rheinufer zurück. Der Fluss wurde die neue Grenze des Römischen Reiches, die durch mehrere Legionslager und Kastelle gesichert wurde.

Besonders wichtig war dabei die Befestigung des strategisch günstig gelegenen Gebiets gegenüber der Mündung des Mains in den Rhein. Von hier aus konnte die gesamte Rhein-Main-Niederung kontrolliert und der Main als einer der Haupteinfallswege in das freie Germanien sicher genutzt werden.

Als die römischen Truppen in den Jahren zwischen 17/16 und 13/12 v. Chr. Mainz erreichten, errichteten sie auf einem 40 m hohen Plateau, dem Kästrich, ein auf drei Seiten durch Steilabhänge gesichertes Lager. Damit begann vor mehr als zweitausend Jahren die Geschichte von Mainz. Die Römer nannten den Ort Mogontiacum (Bild: Blick vom Kästrich zu Mainz und Rhein, im Hintergrund der Taunus)

Fast 400 Jahre lang war das Legionslager in Mainz nicht nur das topografisch beherrschende Element, sondern auch das weithin sichtbare Zeichen römischen Machtanspruchs. Das Lager maß in seinem Endausbau mindestens 780 m in der Länge und 570 m in der Breite. Es war für zwei Legionen mit jeweils ca. 5.500 Soldaten ausgelegt und wurde von einer Wasserleitung versorgt, die über das Zahlbachtal mit der höchsten Aquäduktbrücke nördlich der Alpen führte.

Ende des 1. Jahrhunderts gelang es den Römern, Gebiete rechts des Ober- und Mittelrheins unter ihre Kontrolle zu bekommen und die Reichsgrenze in das rechtsrheinische Vorland von Mainz zu verlegen. Die Sicherung der neuen Grenze erfolgte durch den Limes, der zunächst mit hölzernen, später mit mehreren hundert steinernen Türmen, Palisaden, Gräben und Wällen ausgebaut wurde. Mainz war jetzt keine Grenzstadt mehr. Sie wurde Hauptstadt der Provinz Obergermanien. Trotz dieser neuen zivilen Bedeutung blieb Mainz militärisch die große rückwärtige Befehlszentrale und das Zentrum für die Versorgung der Truppen.

Da im Hinterland des Limes keine unmittelbaren Gefahren durch Germaneneinfälle drohten, konnte die Besatzung des Zwei-Legionenlagers dauerhaft auf eine Legion reduziert werden.  Als Hauslegion verblieb in Mainz ab dem Jahr 97 die 22. Legion Primigenia, die hier insgesamt 250 Jahre stationiert blieb.

Für die Mainzer Hauslegion war das Lager auf dem Kästrich zu groß geworden und konnte deshalb umgebaut werden. Diesen Zeitabschnitt um das Jahr 100 zeigt die Karte links sowie das großformatige Ölgemälde des Festungs- und Historienmalers André Brauch, das im Auftrag des verstorbenen Mainzer Kunstmäzens Stefan Schmitz entstanden ist  (Bild siehe oben - Quelle: Kulturstiftung Hanna und Stefan Schmitz - © André Brauch) und das inhaltlich insbesondere auf der Grundlage der Dissertation des in Mainz lebenden Archäologen Dr. Daniel Burger-Völlmecke ausgeführt wurde. Gut zu erkennen ist die linke Hälfte des Zwei-Legionenlagers, wo die ca. 5.500 Legionäre der 22. Legion stationiert blieben. Auf der rechten Hälfte des Lagers, wo vorher eine zweite Legion untergebracht war, werden Gebäude abgerissen und die Arbeiten für den Bau einer großen Lagertherme sowie von neuen Werkstätten haben bereits begonnen. Die Außenmaße des Legionslagers veränderten sich durch den Ausbau nicht. Das Legionslager blieb auch weiterhin von der 4,80 m hohen steinernen Lagermauer mit Wehrtürmen umfasst, die von vier Toranlagen durchbrochen war. Oben auf dem Bild sieht man die prächtige Porta Praetoria. Dies war das in Feindrichtung nach Germanien angelegte Haupttor des Lagers. Durch dieses Tor verlief die Lagerausfallstraße, die über die heutige Emmerich-Josef-Straße zur Brücke und zum Hafen am Rhein führte. Reste dieser römischen Straße sind heute auf dem Kästrich zwischen den beiden Seitenteilen des römischen Stadttors noch vorhanden.

Innerhalb der Mauern standen die langgestreckten Unterkünfte für die Infanterie- und Reitereinheiten sowie Magazine, Werkstätten und Wirtschaftsgebäude. Zwischen den Kasernen und der Lagermauer verlief die Lagerringstraße zu, über die Legionäre auf dem kürzesten Wege von ihren Unterkünften zu den vier Toren gelangen konnten. In jeder der 80 m langen Kasernen befanden sich 10 oder 20 einzelne Unterkünfte, in denen jeweils 8 Legionäre eine Haushalts- und Kampfgemeinschaft bildeten. Die insgesamt 80 oder 160 in den einzelnen Kasernen lebenden Legionäre stellten als Zenturie die kleineste organisatorische Einheit der Legion dar. Befehligt wurde sie von einem Offizier, dem Centurio.

Auf dem großen Ölgemälde sind in der Mitte des Lagers drei große quadratische Gebäude zu sehen. Hierbei handelt sich um das Stabsgebäude als verwaltungsmäßiges und religiöses Zentrum, den Palast für den Legaten sowie um das Lazarett. Darüber in den kleineren quadratisch angeordneten, mit Säulen versehenen Gebäuden, sind die Offiziersunterkünfte zu erkennen. In der Mitte rechts ist auf dem Bild der quadratische Campus im Bereich des heutigen Fichteplatzes zu sehen. Dieser diente als Aufmarschplatz der Legion sowie als Übungs- und Exerzierplatz. Entlang der Süd- und Südwestseite des Lagers befinden sich die Gebäude der Lagervorstädte, in denen die Familien der Legionäre lebten. Zwischen den beiden Siedlungen trifft die römische Wasserleitung auf das Legionslager. Über dem Zahlbachtal spannen sich eine Vielzahl von Bögen von Pfeiler zu Pfeiler, die eine wasserführende Steinrinne tragen und das Legionslager mit Wasser versorgen. Entlang des Hangs und vor dem Aquädukt befinden sich Gräberfelder.

Das Ende des Legionslagers kam im Winter 369 mit dem Bau des spätrömischen Oberrhein-Limes. Dieser war ein Abschnitt eines neuen 2.800 km langen Grenzüberwachungssystems, der geschaffen wurde, nachdem der rechtsrheinische obergermanisch-raetische Limes um 260 aufgegeben worden war und sich die Grenztruppen hinter die Flüsse Rhein, Donau und Iller zurückgezogen hatten. Im Zusammenhang mit dieser gewaltigen Baumaßnahme wurde in Mainz der Verlauf der römischen Stadtmauer verändert, so dass sie das Gelände des Legionslagers über dem Steilabhang des Kästrichplateaus durchquerte. Die auf dem Plateau vorhandene Lagermauer wurde abgerissen, während der unterhalb des Hangs verlaufende Mauerabschnitt des Lagers noch bis zum Mittelalter stehen blieb. Heute noch erhalten aus dieser Zeit sind auf dem Kästrich ein Teil der durch das niedergelegte Legionslager verlaufenden neuen Stadtmauer sowie Reste des ebenfalls neu gebauten Stadttors.

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