200 Jahrfeier - Streit um Festung Mainz bildete Grundlage für Rheinhessen
Juli 2016 - Im Oktober 1813 war das Schicksal von Napoleon besiegelt. In der Völkerschlacht bei Leipzig besiegte die später so genannten „Heiligen Allianz“ aus Preußen, Russen und Österreichern die französische Armee. Napoleon musste daraufhin im April 1814 bedingungslos abdanken. Am 30. Mai 1814 beendete der Pariser Friede schließlich die Napoleonischen Kriege.
Der Pariser Friede war der Auftakt für ein neues Kapitel in der Geschichte Europas, aber auch von Mainz. Artikel 32 des Friedensvertrages regelte, dass in Wien ein Kongress zusammentreten sollte, um eine dauerhafte europäische Nachkriegsordnung zu beschließen. Der Wiener Kongress fand vom 18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815 statt. Die Verhandlungen gestalteten sich insbesondere wegen der unterschiedlichen Interessen der Großmächte als sehr schwierig und zeitweise erschien sogar ein Krieg zwischen den ehemaligen Verbündeten als möglich. Letztendlich unterzeichneten Österreich, Russland, Preußen, Großbritannien, Frankreich, Portugal, Spanien und Schweden am 9. Juni 1815 die Kongressakte und gaben damit der Landkarte von Europa ein neues Gesicht.
Eine Frage konnte bis zur Unterzeichnung der Kongressakte nicht geklärt werden. Nämlich die"Mainzer Frage". Dahinter verbargen sich nicht die Interessen der Mainzer Deputation, beispielsweise eine freie Fluss-Schifffahrt wegen des althergebrachten Stapelrechts der Stadt zu verhindern oder eine Entschädigung für wertlose Weinobligationen zu erwirken, die ein französischer General als Bezahlung für 600.000 Liter requirierten Wein noch 1814 gegeben hatte. Nein, die"Mainzer Frage"hatte einen ganz realen machtpolitischen Hintergrund. Es ging um die Festung Mainz. Napoleon hatte Mainz mit einem dritten Festungsring umgeben und die Festung neben Antwerpen und Alexandria zu einer der"drei großen Schlüssel zu seinem Reich"ausgebaut. Und deshalb wurde um die mächtige Festung Mainz auf dem Wiener Kongress erbittert gestritten. Für Preußen war die Festung für seine Sicherheit unabdingbar und es sah Mainz als ein „Hauptbollwerk Norddeutschlands“. Bayern wollte „die Stadt Mainz sowie ein Gebiet von größtmöglicher Ausdehnung auf dem linken Rheinufer“. Für Frankreich war es eines der vier wichtigsten Verhandlungsziele, dass die Festung nicht an Preußen fallen sollte. Und Österreich erachtete Mainz mit seinen mächtigen Festungswerken als für die Verteidigung Süddeutschlands und die Sicherheit seiner Monarchie notwendig.
Es überrascht nicht, dass ein Kompromiss erst mehrere Monate nach dem Wiener Kongress gefunden und anschließend 1816 umgesetzt wurde. Wenn viele sich streiten, freut sich ein Dritter. Oder auch nicht. Das kleine, machtpolitisch unbedeutende Großherzogtum Hessen erhielt gegen seinen Willen das Gebiet des heutigen Rheinhessens. Das wichtige Mainz wurde Bundesfestung und mit einer preußischen und österreichischen Garnison belegt. Die damit verbundene Lösung der „Mainzer Frage“ eröffnete ein neues Kapitel für Mainz als bedeutende, zukünftig aber schmucklose Festungsstadt. Es legte aber gleichzeitig auch den Grundstein für das heutige Rheinhessen, dessen 200jähriges Jubiläum 2016 in der Region gefeiert wurde.
Weitere Informationen
Vortrag:
11. November 2016
200 Jahre Rheinhessen
Bollwerk Mainz - Die Selzstellung in Rheinhessen
Veranstalter: Weingut Becker Mainz-Ebersheim
Referent: Dr. Rudolf Büllesbach
Zum Nachlesen:
Constanze Martin - „Mainzer Frage“ 1814-1816:
Brauch/Büllesbach: Festungsstadt Mainz - von den Römern bis heute
2000 Jahre Rheinhessen im Internet
1.000 Gründe zu feiern - 200 Jahre Rheinhessen
Der Rückblick auf das Jubiläumsjahr