Baugebiet in Nieder-Olm

Festungsreste aus dem Ersten Weltkrieg entdeckt

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Fort Biehler Fort Bingen Festungsbahn in Nieder-Olm Infanterieraum in Zornheim
Geschichte - Kultur - Erlebnis
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Baugebiet Nieder-Olm: Festungsreste aus dem Ersten Weltkrieg ausgegraben

25. November 2012- Was für eine Überraschung. Da soll vor dem ersten Frost noch der Keller ausgehoben sein, und dann das! Mehrere Tonnen Beton müssen für viel Geld aus der Baugrube entfernt werden.

Diese Erfahrungen haben verschiedene Bauherren im Baugebiet "Weinberg IV" in Nieder-Olm gemacht. Sind die Betonbrocken für die Archäologen interessant und droht ein Baustopp? Solche und ähnliche Fragen sind an den Baustellen zu hören.

Schnell wird deutlich, dass es auf dem Gelände des Baugebiets früher bereits eine Bebauung gegeben haben muss. Die jetzt zu einem großen Haufen aufgetürmten Brocken enthalten Eisenarmierungen und sind damit nicht natürlichen Ursprungs. Alt können die Brocken auch nicht sein, denn Eisen gibt noch nicht so lange. Warum weiß aber dann kaum jemand, was hier gefunden wurde?

Baugebiet Nieder-Olm mit Resten der SelzstellungWas die Bauherren in ihren zukünftigen Kellern so unliebsam überrascht hat und jetzt schön aufgeschichtet zu sehen ist, sind Reste der Selzstellung aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Was unter der Erde verschwunden und vergessen war, kommt nach vielen Jahrzehnten in Nieder-Olm wieder zum Vorschein.

Die Selzstellung war der äußere Verteidigungsring der Festung Mainz. Den Befehl zum Bau hatte Kaiser Wilhelm II. im Januar 1900 persönlich gegeben. Auf einer Länge von 26 Kilometern baute das Militär in der wohl größten zusammenhängenden Baumaßnahme, die es in Mainz und Rheinhessen zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegeben hat, mehr als 350 Festungswerke, Lagerplätze, Wasserwerke und Telegrafenstationen, die sich halbkreisförmig von Heidenpfad über Ingelheim Heidesheim, Wackernheim, Essenheim, Ober-Olm, Nieder-Olm, Zornheim, Ebersheim, Gau-Bischofsheim, Harxheim und Hechtsheim bis an die Tore von Mainz erstreckten. Die Versorgung und der Nachschub waren durch ein eigenes, über 40 km langes Straßen- und Bahnnetz sichergestellt. Alleine in der Umgebung von Zornheim waren von 1914 bis Ende 1915 mehr als 23.000 Soldaten mit dem Bau der Selzstellung beschäftigt. In Mommenheim waren 2.000 und in Hahnheim 1.400 Mann einquartiert. Mehr als 30.000 Soldaten müssen es in ganz Rheinhessen gewesen sein. Im Endausbau war die Selzstellung eine der modernsten und wehrhaftesten Festungsanlagen des Deutschen Reiches.

Zu der Befestigungsgruppe Nieder-Olm gehörten insgesamt 3 Infanteriestützpunkte mit einer entsprechenden Anzahl von Infanterieräumen. Solche Stellungen waren große, nach Westen gegen Frankreich ausgerichtete Anlagen. Der Infanterieraum 28 war am äußeren Rand zu finden, wo derzeit im Baugebiet "Weinberg IV" die Erschließungsarbeiten erfolgen und wo jetzt die Reste entdeckt wurden. Die einzelnen Infanterieräume waren regelmäßig 37 Meter lang und für 250 Mann ausgelegt. Umgeben waren die Festungswerke von jeweils kleineren Betonbauten und einem Drahthindernis.

Während des Ersten Weltkrieges blieb der Selzstellung und der Bevölkerung von Mainz und Rheinhessen das Schicksal von Verdun erspart. Die Bühne hierfür wäre allerdings bereitet gewesen. Nach dem Krieg wurden die Festungswerke auf der Grundlage des Versailler Vertrages geschleift und gesprengt. Erhalten blieben jedoch die Militärstraßen und viele Kilometer der militärischen Wasserleitungen. Viele rheinhessische Gemeinden hatten sich hierfür leidenschaftlich gegenüber der französischen Bürokratie eingesetzt. Zwei große, gegen Artilleriebeschuss gesicherte Wasserbehälter stehen heute noch als betonierte Zeugen der damaligen Zeit am Forsthaus im Ober-Olmer Wald und im Schwabenheimer Wäldchen bei Wackernheim.

 

 

 

Die Befestigungsgruppe Nieder-Olm

 

Karte der Befestiungsgruppe Nieder-OlmDie Festung Mainz verfügte im Ersten Weltkrieg über zwei Verteidigungslinien. Vierzehn große Forts bildeten die innere Festungslinie. Die Selzstellung bildete als äußere Linie die sogenannte Hauptstellung. Diese lag mehrere Kilometer vor der Stadtbefestigung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Hauptstellung war wie folgt strukturiert:

  • Es gab zwei Abschnitte - die Abschnitte I und II.
  • Jeder Abschnitt bestand aus zwei Unterabschnitten – die Unterabschnitte I a, I b, II a und II b.
  • Innerhalb der Abschnitte und Unterabschnitte gab es dreizehn Befestigungsgruppen – die Befestigungsgruppen Heidenfahrt, Rabenkopf, Wackernheim, Haxthäuser Hof, Schwabenheim, Essenheim, Ober-Olm, Pariser Straße, Nieder-Olm, Ebersheim, Gau-Bischofsheim, Harxheim und Bodenheim.
  • Zu jeder Befestigungsgruppe gehörten Infanteriestellungen mit dahinter liegenden Artillerie- und Munitionsräumen.

In Nieder-Olm begann der Abschnitt II. Hier entfernten sich die Befestigungsgruppen Nieder-Olm mit dem Unterabschnitt II a von der Selz, indem sie einen fast rechtwinkligen Knick in Richtung Ebersheim machten.

 

Beschreibung der Befestigungsgruppe Nieder-Olm

Zur Befestigungsgruppe Nieder-Olm gehörten

  • 3 Infanteriestützpunkte mit 6 Unterständen und 3 Wachträumen (ISP 26 bis 28)
  • 1 kleiner Artillerieraum (AR 16)
  • 1 Munitionsraum für lange 15-cm-Kanonen (MR 11)

Alle Festungswerke wurden 1914/15 gebaut.

Die Befestigungsgruppe Nieder-Olm bestand damit aus insgesamt 14 Festungswerken. Fast die Hälfte dieser betonierten Bauten befand sich entlang der heutigen L 413, die »Am Ebersheimer Berg« ziemlich steil zum südlichsten Ortsteil von Mainz führt.

Der Infanteriestützpunkt ISP 27 lag an der L 413 in der Nähe der heute vorhandenen Ortsbebauung. Ebenso wie der ISP 26 und der ISP 28 verfügten die drei Werke nur über jeweils zwei Unterstände und einen Wachtraum. Vom Infanteriestützpunkt ISP 26 ist in den Weinbergen nichts mehr zu sehen. Wenige Betonteile finden sich allerdings noch im anliegenden zwölf Hektar großen Lohwald. Dieser Wald hat eine große ökologische Bedeutung, bietet Zuflucht für viele Tierarten und schützt insbesondere die Weinberge durch Ausgleich extremer Klimaeinflüsse. Nicht so idyllisch lag der Infanteriestützpunkt ISP 28. Er bildete ein Art Vorposten von Fort Muhl, das auf der Höhe ein starkes Bollwerk bildete. Heute ist das Gelände des ISP 28 zu einem großen Teil überbaut. Bei der Erschließung eines Baugebietes sind im Jahre 2012 viele Betonreste aus der Zeit des Ersten Weltkrieges wieder zu Tage getreten und mussten aufwändig beseitigt werden.

Zur Befestigungsgruppe Nieder-Olm gehörten neben den drei Infanteriestützpunkten, der Artillerieraum AR 16 und der Munitionsraum MR 11. Beide Werke lagen entlang der heutigen L 413. Im Zusammenhang mit der ersten Artillerie-Aufstellung war für die Befestigungsgruppe Nieder-Olm lediglich eine Batterie für die lange 15-cm-Kanone vorgesehen. Diese wäre oberhalb des Infanteriestützpunktes ISP 28, zwischen der Straße nach Ebersheim und dem Bauernbergweg zum Einsatz gekommen. Für die Batterie war der kleine Artillerieraum AR 16 sowie der Munitionsraum MR 11 vorgesehen. Beide Werke lagen auf der Höhe des Ebersheimer Berges. Heute steht dort eine Gutsschänke, die ein beliebtes Ausflugsziel ist.

Neben den 14 Festungswerken der Befestigungsgruppe gab es auf dem Gebiet der Verbandsgemeinde Nieder-Olm noch weitere Anlagen. Hierzu gehörte beispielsweise das Fort Muhl, dessen Gelände mittlerweile auch durch eine Verordnung der Verbandsgemeinde Nieder-Olm unter Denkmalschutz gestellt wurde. An der Straße zwischen Zornheim und Nieder-Olm lag ungefähr auf Höhe des Goldberges der Infanteriestützpunkt ISP 44, der als äußerer Eckpunkt schon der vorgeschobenen Stellung Zornheim zugeordnet war.

 

 

 

Infanterieraum - Ein Festungswerk der Selzstellung

 

Infanterieraum der SelzstellungEin Infanterieraum war Bestandteil eines Infanteriestützpunktes. Ein solcher während des Krieges gebauter Infanteriestützpunkt der Selzstellung bestand aus verschiedenen betonierten Werken, nämlich

 

 

  • einem Infanterieraum,
  • meistens drei unmittelbar davor oder seitlich liegenden Unterständen und
  • einem Wachtraum.

Eine ausführliche Beschreibung der Infanterieräume findet sich hier

 

 

 

Schleifung der Festung Mainz

 

Infanterieraum 28 nach der SprengungAlle Infanterieräume wurden nachdem Ersten Weltkrieg gesprengt. Auf dem Bild links sind die gesprengten Reste des Infanterieraums 28 zu sehen, die im Dezember 2012 in Nieder-Olm ausgegraben wurden.

 

 

 

Mehr Informationen zur Schleifung nach dem Versailler Vertrag, hier

(Quelle der beiden Fotos oben: Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes)

 

 

Mehr Informationen

 

Allgemeine Zeitung vom 20. November 2012: "Alte Festung im Neubaugebiet - Fund: Gesprengte Betonteile eines Infanterie-Stützpunktes in Nieder-Olm stammen aus dem Ersten Weltkrieg"

Auszug aus dem Artikel:

"Festungsreste aus dem Ersten Weltkrieg sind im Neubaugebiet "Weinberg IV" oberhalb von Nieder-Olm gefunden worden. Die Verbandsgemeinde hat den Kampfmittelräumdienst eingeschaltet und historische Luftaufnahmen angefordert... "

Allgemeine Zeitung vom 24. November 2012: "Stippvisite im Wasserbunker - Verteidignungsring: Archäologe will Selzstellung aus dem Ersten Weltkrieg ins öffentliche Bewusstsein rücken"

Auszug aus dem Artikel:

"Bei der Erschließung des Nieder- Olmer Neubaugebiets "Weinberg IV" sind Bauarbeiter auf gesprengte Überreste eines zur Selzstellung gehörenden Infanterie-Stützpunktes gestoßen (... Dr. Gerd Rupprecht, der sich als Archäologe besonders der Geschichte des Festungsbaus verschrieben hat, kann in Nieder-Olm nur noch die zusammengetragenen Betontrümmer begutachten. "Ich wünsche mir, dass wir bei ähnlichen Funden frühzeitig verständigt werden. Eine umfassende Dokumentation ist dann viel einfacher", weist der 68-jährige Gau- Bischofsheimer auf laufende Verhandlungen mit größeren Bauträgern hin.... "

 

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»Die Geschichte von Mainz ist in der ältesten Zeit ausschließlich, in der späteren vorwiegend, eine Geschichte seiner Festung und Garnison. Seit nahezu zweitausend Jahren das stärkste Bollwerk und mächtigstes Waffenlager am Rhein, ward Mainz der Schauplatz so vieler Kämpfe, Belagerungen und Kriegsnöte wie keine andere Stadt auf deutscher Erde. Soldaten aus fast allen Ländern der Welt sind im Lauf der Jahrhunderte durch seine Tore gezogen und auf seinen Wällen standen die berühmtesten Feldherren Europas von Drusus bis zu Gustav Adolf, Prinz Eugen, Napoleon und Moltke« (Börckel, 1913)