Essenheim: 30 Festungswerke gehörten zur Befestigungsgruppe
16. April 2010 - Der Dorf- und Geschichtsverein Essenheim hatte zusammen mit der Gemeinde Essenheim am 16. April 2010 zu einem Vortrag " Festung Essenheim - Bilder und Geschichte rund um die Selzstellung" geladen. Mehr als einhundert Besucherinnen und Besucher ließen sich von den drei Referenten Georg Bertz, Rudolf Büllesbach und dem Essenheimer Adam Braunewell in eine vergessene Zeit entführen.
Diese Befestigungsgruppe Essenheim war besonderes stark ausgebaut. Sie bestand aus insgesamt 30 Festungswerken. Diesen war die vorgeschobene Stellung »Windhäuser Hof« vorgelagert. Bei einem feindlichen Angriff wäre es in diesem Bereich zu lang anhaltenden Kämpfen gekommen.
Mit der Befestigungsgruppe Essenheim begann der Abschnitt I der Selzstellung. Ihre 1909 gebaute Befehlsstelle lag in Finthen. Die Befehlsstelle für den Unterabschnitt I b war auf dem Layenhof erbaut worden, wo sich damals zwischen dem Münchwald (heute Flugplatz) und dem angrenzenden Ober-Olmer Wald noch ein stattliches Hofgut befunden hatte.
Die Anbindung des Hofgutes und der Befehlsstelle Layenhof erfolgte durch eine eigens gebaute Militärstraße, die entlang der Grenze des Ober-Olmer Waldes verlief. Das Hofgut war sowohl an die militärische Wasserleitung als auch an das Telegraphennetz angeschlossen.
Vor dem Ober-Olmer Wald verlief eine Linie von fünf Infanteriestützpunkten, die eng aneinander lagen. Im Volksmund hieß die Infanteriestellung ISP 16 »Fort Kleinbirkenfeld«, die Infanteriestellung ISP 17 »Fort Wohlgemuth« und die Infanteriestellung ISP 20 »Fort Platt«. Vier Batterien der Fußartillerie-Reserve waren vor dem Ober-Olmer Wald direkt hinter den Infanteriestützpunkten ISP 18 und 19 vorgesehen (siehe Karte rechts von 1913). Vier Batterien für die 10-cm-Kanone hätten vor dem Bergerweg auf dem Friedensgewann ihre Aufstellung gefunden. Mit dieser Artilleriestellung standen die beiden großen Artillerieräume AR 12 und 13 und der Munitionsraum MR 08 in Verbindung. Einige hundert Meter hiervon entfernt befanden sich der kleine Artillerieraum AR 11 und der Munitionsraum MR 07. Diese bildeten die Infrastruktur für eine Batterie der ersten Artillerie-Aufstellung für 9-cm-Kanonen. Diese wäre auf dem Gewann »Bergerhof«, direkt vor dem Artillerieraum AR 11, in Stellung gegangen.
Der Essenheimer Heimatforscher Stefan Mossel hat festgestellt, dass die Flächen der Festungswerke nach der Sprengung der Anlagen nach dem Zweiten Weltkrieg in das Eigentum des Bundes übergingen. Bei der Flurbereinigung um 1970 entschloss man sich, die störenden Gehölzgruppen, die auch als wilde Müllkippen benutzt wurden, zu beseitigen. Die Flächen wurden von der Aufbaugemeinschaft in die Bodenklasse 0 (Unland) eingestuft und ohne Wert in die Umlegungsmasse eingebracht. Die Bundesregierung protestierte dagegen nicht und überließ damit der Aufbaugemeinschaft das Gelände kostenlos. Die Aufbaugemeinschaft beseitigte daraufhin die Trümmer und machte das Gelände wieder bewirtschaftungsfähig. Die Bäume und Hecken wurden gerodet, das Gelände wieder in Ackerland umgewandelt und neuem Eigentum zugeführt.
Mit Geschichten, Karten und vielen Bildern machten die Referenten diesen Teil der Essenheimer Geschichte wieder lebendig. Wer schon immer wissen wollte, wie die Festungsanlagen in Essenheim tatsächlich ausgesehen haben, wo die Eisenbahn auf Essenheimer Gebiet gefahren ist, welche strategische Bedeutung die Selzstellung für den Ersten Weltkrieg hatte und was mit der Festung Essenheim nach dem Krieg passiert ist, konnte bei der Veranstaltung viel Interessantes erfahren.
Befestigungsgruppe Essenheim während des Ersten Weltkrieges auf einer aktuellen Karte
Mehr Informationen
Informationen zur Befestiungsgruppe Essenheim, hier
Abbildungen
Karte von 1913: Quelle Hollighaus, Fotokopien Ingo Schlösser
Karte von heute: Ludwig Schirmer / Rudolf Büllesbach - Quelle: GeoBasis-DE/LVermGeoRP2012-09-24, DTK 25 und Buch "Bollwerk Mainz".